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Stage

Don Quijote von der Mancha

von Miguel de Cervantes Saavedra

 

Fassung von Georg Holzer und Johannes Schmid nach der Übersetzung von Ludwig Braunfels

 

mit: Anna Riedl, Peter Albers, Alfred Kleinheinz, Stefan Maaß, Stefan Wilkening und Thomas Etschmann, git, Jost Hecker, cello

 

Regie: Johannes Schmid
Bühne: Marie Holzer
Kostüme: Katja Raine
Musik: Michael Emanuel Bauer
Dramaturgie: Georg Holzer
Choreographie: Anna Holter, Birgitt Paulus

 

Premiere: Donnerstag 15. Oktober 2009, 19:30 Uhr, Cuvilliés Theater
43 Vorstellungen in zwei Spielzeiten

 

Der kastilische Landjunker Alonso Quijano besitzt eine Vorstellungskraft, die keine Grenzen kennt, wenn sie sich mit dem Leben und den Taten von Europas fahrenden Rittern befeuert. Quijano nennt sich Don Quijote, lässt sich zum Ritter schlagen und überredet den Bauern Sancho Pansa, dessen Leib durch fettes Essen und dessen Geist durch Sprichwörter notdürftig zusammen gehalten werden, mit ihm auf Abenteuer auszuziehen. Die beiden führen einen heroischen Kampf voller Rückschläge – gegen die Realität, die sich weigert einzusehen, wie viel Gutes der Welt geschähe, wenn noch mutige Ritter für ihre Ordnung sorgen würden. Aber was ist überhaupt Realität? Die wirkliche Wirklichkeit ist Don Quijotes Fantasie, sind die Riesen, Helden, Könige, Schlachtrösser und die bis zum Irrsinn verehrte Dulcinea von Toboso. Was vermag dagegen eine Realität von Windmühlen, gierigen Schankwirten, Puppenspielern und Schafherden?

 

Die Stückfassung von Georg Holzer und Johannes Schmid ist erhältlich über den Theaterstückverlag München.

 

www.bayerischesstaatsschauspiel.de

Presse

 

Im Bayerischen Staatsschauspiel hat man sich für die märchenhafte Seite entschieden, die Poesie im Don Quijote. In der verspielten Rokoko-Architektur des Cuvilliéstheater wurde aus dem Roman ein melancholisch-gefühlvoller Abend mit fantasievollen Bildern, wehmütiger Musik und Schauspielern, die eine heiter-besinnliche Fabel erzählen. (…) Auf der Bühne kommt Regisseur Johannes Schmid dabei mit wenigen Requisiten aus: ein Baum, die Silhouette eines Berges, der zu einer Weinschenke umfunktioniert werden kann und ein paar große, gelbe Sitzkissen, die wahlweise zu Pferd und Esel werden. Ansonsten reichen malerische Licht- und Nebeleffekte. (…) ein barockes Abenteuerspiel für groß und klein.
(Peter Jungblut, Bayerischer Rundfunk,16.10.09)

 

Der Zuschauer erlebte die bezaubernde, bunte und spielfreudige Inszenierung eines Romans. (…) ein rötlicher Berg entpuppte sich, einmal gedreht, als schlichter Gasthausersatz. Ein akribisch gebastelter Baum verführte dazu, nachzudenken, ob er nicht vielleicht echt sei. Riesige erdfarbene Kissen knautschten die Darsteller zu allerlei Sitzgelegenheiten, aber auch zu Pferd und Esel, was ein wirklich sehenswerter Einfall war. Nach der Pause kam dann noch ein großer Brunnen hinzu, der in der Fantasie des Don Quijote eine Höhle war, dem Höllenschlund gleich. Die musikalische Begleitung durch Thomas Etschmann (Gitarre) und Jost Hecker (Cello) mit spanischen Rhythmen komplettierte die einschmeichelnde und anschmiegsame Atmosphäre des visuellen Erscheinungsbildes. Alfred Kleinheinz konnte der Vorlage äußerlich nicht gerecht werden, denn Sancho Pansa ist im Roman fett und physisch stets an seinen engen Grenzen. Doch sein verschmitztes Spiel ließ diesen Unterschied bald vergessen.(…) Unbedingt sehenswert war Stefan Wilkening als Don Quijote (…). Wilkening verließ sich auf die Kraft und die Magie der Cervanesschen Sprache in der Übersetzung von Ludwig Braunfels. Als Adliger und als Mann mit vorzüglichen Manieren klangen seine Sätze, seine Argumente, seine mit kindlichem Erstaunen angereicherten Berichte wie in Stein gemeißelt.
(Wolf Banitzki auf www.theaterkritiken.com)

 

So wie Don Quijote in Cervantes‘ Roman das goldene Zeitalter der Ritter und der zu beschützenden Fräuleins in das eiserene der ihn umgebenden, poesielosen Gegenwart holen will, so – hat es jedenfalls den Anschein – will Johannes Schmid das auf dem Theater längst verschwundene ungebrochene Erzählen in die Welt des gegenwärtigen Theaters zurückbringen. Das ist süß – und verblüffend naiv. Als handwerklich versierter Regisseur verlässt sich Schmid auf alte Theatertricks: Anna Riedl zieht sich an einer Proszeniumsloge um, wenn das Vorspiel vorbei ist und man die kostümierte Welt Don Quijotes betritt, aus großen Kissen werden Rosinante und Sancho Pansas Esel, in der anderen Proszeniumsloge sitzen zwei Musiker, Cellist und Gitarrist, und werden von Alfred Kleinheinz als Sancho gefüttert, als wären sie die Tragetiere. Für ein Märchen, wie es Schmid im Sinn hat, braucht es nicht viel: eine Leinwand, über die Wolken zeihen, eine Drehbühne die ihre spärlichen Kulissen auch von hinten zeigt, eine Diskokugel, die einen Sternenhimmel zaubert. Man merkt allen Beteiligten, allen voran dem euphorisch glitzernden Stefan Wilkening in der Titelrolle, die Freude an ihrem Treiben an. Doch dann hätte man vielleicht noch viel weiter gehen können. Mehr Theater, mehr Poesie, vielleicht auch mehr Leid. (…) Doch für ein paar Minuten wird der Abend groß. Da Puppenspiel, das der vermeintliche Ritter im Wahn zertrümmert, ist hier eine Leinwand. Schmid, als Kinoregisseur erfahren, lässt darüber eine Schwarz-Weiß-Mittelalterschmonzette flackern, mit Mohren, Mauern, Pferden und Rüstungen, gedreht mit den Darstellern, die auch auf der Bühne stehen. In greller Stummfilmästhetik werden hier der Witz und der Wahn nachgereicht, den die Aufführung ansonsten vermissen lässt.
(Egbert Tholl in Süddeutsche Zeitung vom 17.10.09)

 

Georg Holzer und der Jungfilmer Johannes Schmid als Regisseur haben diesen „Don Quijote von der Mancha“ fürs Theater bearbeitet und im Cuvilliéstheater nun zur Aufführung gebracht. Für die Fans von Bully Herbig mag diese Inszenierung, mit der das Bayerische Staatsschauspiel in die neue Saison startete, mit all ihren Ingredienzen prallen Humors und den ebenso großmäuligen wie kleinmütigen Chaoten ja eine köstliche Gaudi sein. Aber alle Absurditäten landen letztlich im Klamauk, obwohl manche Szenen durchaus poesievoll beginnen. Die als Pferde zweckentfremdeten Mehlsäcke beispielsweise, auf denen die beiden Schwerenöter gegen die Übel dieser Welt anreiten, oder die in der Königsloge des Theaters auf ihren Lover wartende, liebreizende Dulcinea (Anna Riedl), zu der sich Don Quijote erst einen Weg durch den Zuschauerraum bahnen muss. Und der Regieeinfall, all die Abenteuer des Ritters von der Mancha in eine Rahmenhandlung zu packen, in der Cervantes zu Beginn aus seinem Roman vorliest, um die Geschichten dann als seine Träume und Albträume auf der Bühne unter dem auf einer Videowand flimmernden Mond lebendig werden zu lassen, ist sehr hübsch gelungen. (….) Doch Thomas Etschmann und Jost Hecker und holen mit schönen, zarten Gitarren- und Celloweisen das allzu laute Bodegaspektakel zum echten spanischen Volksstück wieder zurück. Selten war das Premierenpublikum nach fast drei Stunden zwischen Jubel und Kopfschütteln so gespalten wie hier.
(Hannes S. Macher in Donaukurier vom 17.10.09)